Lieber mit Mr. Spock ins Bett, als mit Charlie Sheen

Es wird wieder Zeit, ein weiteres Kapitel zum Thema Feminismus aufzuschlagen. Zwei neue feministische Graphic Novel kombinieren feministische Aufklärung mit bester Unterhaltung: „Der Ursprung der Liebe“ von Liv Strömquist und „Girlsplaining“ von Katja Klengl. Sehr gelungen!

Der Ursprung der Liebe

Feminismus "Der Ursrpung der Liebe"

Der geneigten Privatliteratur-Blogleserin kommt der Name Liv Strömquist schon bekannt vor. Die Schwedische Autorin und Zeichnerin begeisterte mich schon mit ihrer ersten feministischen Graphic Novel „Der Ursprung der Welt“. In ihrem ersten Buch ging es um die weiblichen Geschlechtsorgane, in „Der Ursprung der Liebe“ geht es um die Partnerschaft.

Liv Strömquist untersucht historisch, welche Wurzeln die monogame Zweierbeziehung hat und welche Gründe sie zu unserem Ideal gemacht haben. Im Prinzip war es einfach. Der Mann hatte das Geld und die Frau hatte als einzigen Handelswert ihren Körper und ihre Sexualität, die sie im Tausch anbieten konnte.

Immer wieder illustriert Liv Strömquist ihre Thesen an Geschichte von Prominenten, Charlie Sheen kommt vor, sowie Whitney Houson, Britney Spears oder Lady Di. Die Gedanken, die sie den Figuren in den Kopf legt, sind sehr trocken, sehr erklärend und dadurch irre witzig. Sie versucht die Beweggründe der Figuren herauszuarbeiten. Strömquist geht auch in die Tiefe und erklärt Mechanismen, die zwischen Mann und Frau üblicherweise ablaufen: Nähe und Beziehungsunfähigkeit werde untersucht, sowie auch, warum Frauen schneller Opfer eine ungesunden Beziehung werden können.

Die Zeichnungen sind wie schon im ersten Buch in Schwarz/Weiß gehalten. Einzelne Fläcehn sind Schwaz angelegt. Die Figuren wirken manchmal ungelenk, sind aber immer wiedererkennbar. Die Erzählerin ist nur im Text sichtbar, nicht als Figur.

Was mir bei der Betrachtung gefehlt hat, was der Aspekt von Reproduktion, also konkrete: Kindern in einer Zweierbeziehung. Denn ich sehe den Handelswert der Frauen nicht alleine in ihrem Körper als Basis der Lust, sondern auch ihrer Fähigkeit Kinder zu bekommen und diese auch aufzuziehen. In meinen Augen reicht dieser Deal zwischen Mann und Frau also noch weiter. Und heute, wo auch wir Frauen Geld verdienen, muss diese Abmachung wieder neu verhandelt werden. Nun müssen sich die Männer an der Kindererziehung beteiligen.

Das Buch wirkt weniger wütend als Strömquists erster Graphic Novel, sondern trauriger. Ein Kapitel ist der enttäuschten Liebe gewidmet, was vielleicht der Antrieb das Buch zu machen, gewesen sein könnte. Liebeskummer ist blöd für die Autorin, aber gut für uns Leserinnen, denn selten gibt es so unterhaltsame Beiträge zum Feminismus!

Girlsplaining

Feminismus Girlsplaining

Kaja Kringel spricht in „Girlsplaining“ das weniger fortgeschrittene, jüngere Publikum an. Sie beginnt mit Body Positivity, geht dann zum Druck über, Kinder zu zeugen, dann kommen die weiblichen Helden dran, von denen sie nicht gar so viele findet. Weiter geht es zur Vulva und zur Klitoris, bis zum Spielzeug für Mädchen und Buben (echtes Spielzeug ist hier gemeint :-)). Gemeinsam haben diese Themen, dass sie jungen Frauen die Augen öffnen sollen, wo es mit der Gleichberechtigung noch happert.

Der Witz der gezeichneten Comics liegt darin, dass Kringel Vergleiche heranzieht und Situationen sehr übertrieben darstellt. Die an Comics und Sience Fiction geschulte und leicht nerdig Autorin mangelt es gar nicht an Fantasie. Die Autorin fungiert als Erzählerin und führt als schöne Mangaprotagonistin durch das Buch und die Themen, man findet sie nicht nur im Bett mit Mr. Spock, sondern sie stellt auch Beziehungen zu zahlreichen anderen popkulturellen Referenzen her.

Die Zeichnungen sind am Mangastil orientiert. Schwarze Konturen, fallweise Muster und ein hellrot/rosa Ton in verschiedenen Dichteabstimmungen für die Flächen wurden verwendet.

Zwei tolle Bücher, die man in ein, zwei Stunden schnell gelesen hat und immer wieder hernehmen kann, um nachzusehen, wie nochmal die Argumentation war funktioniert. Sie sind auch sicher eine Bereicherung und witzige Geschenksidee für Schwestern, Tanten, Nichten und Cousinen. Aber es würde auf keinen Fall schaden, wenn Brüder, Onkel, Neffen und Cousins einen Blick hinein werfen würden.

Strömquist Klengel Feminismus


Liv Strömquist
Der Ursprung der Liebe
Text & Zeichnung: Liv Strömquist
Veröffentlicht: Feb. 2018
Buch: 136 Seiten , schwarzweiß , Softcover
ISBN: 978-3-945034-89-7
20 € (D)
avant-verlag

Katja Klengel
Girlsplaining
ISBN 978-3-95640-160-2
160 Seiten, farbig, 17 × 17 cm, Hardcover
EUR 18,00 (D)
Alle Preisangaben inkl. MwSt.
Reprodukt